Description (de)
Wie können subjektive Gewalterfahrungen von Krieg und Genozid audiovisuell vermittelt werden? Animierte Dokumentarfilme stellen hierfür eine Möglichkeit dar. Die vorliegende Diplomarbeit geht insbesondere der Frage nach, wie und mit welchem Effekt in diesem Kontext Puppen als Darstellungsmedium eingesetzt werden. Zwei konkrete Beispiele wurden dafür analysierend gegenübergestellt: The Great War (2001) von dem niederländischen Figurentheaterkollektiv Hotel Modern und L’Image Manquante (2013) von dem kambodschanischen Filmemacher Rithy Panh. The Great War basiert auf Briefen, die ein französischer Soldat im Ersten Weltkrieg aus den Schützengräben der westlichen Front an seine Mutter schrieb. Die Textauszüge werden von der Gruppe in Form von ‚Live Animation‘ sowohl direkt als auch assoziativ illustriert. Der ‚Film‘ wird auf der Bühne durch die Bewegung kleiner Figuren in Miniaturkulissen erzeugt, in Echtzeit gefilmt und auf eine Leinwand projiziert. Der Film L’Image Manquante ist eine vielschichtige Bearbeitung Rithy Panhs persönlicher Erinnerungen als Überlebender des von den Roten Khmer verübten Genozids. Panh verwendet vielteilige Dioramen und unbewegte Tonfiguren, teils in Kombination mit Ausschnitten aus Propagandafilmen, um seine Erinnerungsbilder zu rekonstruieren und über die Herausforderung des Verbildlichens zu reflektieren. In dieser Diplomarbeit wird dargelegt, wie Dokumentarfilme, die merklich künstliche Darstellungsmedien wie Puppen verwenden, den Objektivitätsanspruch, der üblicherweise an Dokumentarfilme gestellt wird, produktiv umgehen. Es wird argumentiert, dass gerade die Künstlichkeit der Mittel gestalterischen Freiraum öffnet und erlaubt, subjektive Wahrnehmungen und innere Bilder darzustellen. Die Kombination von Nähe und Immersion schaffenden Elementen mit solchen, die Distanz und Transparenz vermitteln, unterstützt sowohl eine mitfühlende als auch eine intellektuelle Auseinandersetzung mit den dargestellten Inhalten.
Description (en)
How can subjective experiences of war and genocide be audio-visually represented? One approach to this challenge is the animated documentary. This thesis specifically explores the question how and to what effect puppets and figurines are an apt medium in this context. For this purpose, two examples were analysed and compared: The Great War (2001) by the Dutch puppet theatre group Hotel Modern and L’Image Manquante (2013) by the Cambodian filmmaker Rithy Panh. The Great War is based on letters a French soldier wrote to his mother from the trenches of the Western Front in World War I. Hotel Modern illustrates excerpts of the letters literally as well as associatively by using miniature sets and puppets to create ‘live animation’ on stage, which is filmed and projected onto a screen in real time. In the film L’Image Manquante, Rithy Panh portrays his personal memories as a survivor of the Khmer Rouge genocide and reflects on the challenges of depiction. For this multi-layered approach he uses clay figurines and elaborate dioramas in combination with live action footage, partly from propaganda films. Through employing an overtly artificial medium, the artists demonstrate that their aim is not an objective documentation of events. Since puppets are not read as literally as documentary live action footage they allow the artistic freedom for depicting subjective perception and mental images. The combination of elements that evoke proximity and immersion, with those that create distance and transparency creates space for empathy as well as intellectual reflection.