Eine diskursanalytische Darstellung von Museumsutopien im deutschsprachigen Raum – mit Fokus auf Österreich

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, welche Bilder von Mensch und Gesellschaft durch Vorstellungen eines „Museums der Zukunft“ entworfen werden und wie diese ideologisch zu verorten sind. Dabei werden die foucaultschen Begriffe Heterotopie und Utopie als Ausgangspunkte für eine diskursanalytische Betrachtung von „Museumsutopien“ fruchtbar gemacht. Das philosophisch orientierte kulturwissenschaftliche Projekt versucht diskursive Sagbarkeitsfelder darzustellen, bestimmte Diskursfragmente zu vergleichen und auf ihre Machtwirkungen hin zu befragen. Auf diese Weise wird gezeigt, wie Kultur als Regierungstechnologie produktiv wird. Die Auswahl und Begrenzung des Analyse-Korpus erfolgte entlang von zentralen Akteuren, wichtigen Museums-Medien und Institutionen im deutschsprachigen Raum. Es wurden Texte und Textteile, die sich mit Zukunftsvisionen und Visionen des „wie es sein soll“ beschäftigen, untersucht. Weiters wurden problemzentrierte Interviews mit leitenden Personen in österreichischen Museen sowie Museumslehrgängen geführt. Insgesamt wurden 78 Magazine (mit einer jeweiligen Vielzahl von Artikeln), Richtlinien, Leitfäden, Handreichungen, Konferenzpublikationen, Mitteilungen und Reporte, 260 Zeitungsartikel (2013-2018) sowie rund 13 Stunden Interviewmaterial (2018-2019) ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen eine gouvernementale Verschränkung von Regierungszielen mit Selbsttechnologien, die sich in musealen Zukunftsdiskursen u. a. in der Rede von Partizipation/Teilhabe und in Themen wie Migration, Inklusion und Integration findet. Es wird deutlich, dass die an ein demokratisches Verständnis von Gesellschaft geknüpften Konzepte „Partizipation“, „Teilhabe“, „Inklusion“ oder auch „Empowerment“ heute Dispositive einer Gesellschaft bilden, der die Form des Marktes als Organisationsprinzip dient. Durch die damit einhergehende Betonung individueller Verantwortung verschränken sich Herrschaftstechniken mit Selbstführungstechniken. Dabei wird weiters klar, dass es gerade die Verwobenheit dieser Begriffe mit demokratischen Grundwerten ist, die es erschwert, den Blick auf jene Kräfte zu richten, die Ungleichheiten überhaupt erst produzieren. Denn diese lenkt genau von jenen ungerechten sozialen und gesellschaftlichen Verhältnissen ab, die es vorgeblich zu beseitigen gilt.

The aim of this dissertation is to explore, which concepts of man and society are formulated by ideas of a “museum of the future” and it examines their underlying ideologies as well as arising contradictions. To this purpose, Michel Foucault’s concepts of heterotopia and utopia are used as starting points for a discourse-analytical approach to the philosophically oriented cultural study of “museum utopias“. The project investigates the respective spectrum of “what is and can be said” in this context, compares certain discourse fragments and utterances, studies the intertwining of culture and power and highlights issues of power asymmetries. The material for analysis was selected based on key protagonists, institutions and museum media of the German-speaking world. Texts dealing with visions of the future and visions of “how it should be” were examined. In addition, problem-centered interviews with leading persons in Austrian museums and museum courses were conducted. A total of 78 magazines (with a multitude of articles), guidelines, manuals, handouts, conference publications and reports, 260 newspaper articles (2013-2018) as well as about 13 hours of interview material (2018-2019) were analysed. The findings show a governmental entanglement of government goals with what Foucault called “Technologies of the Self” in the discourse of the future of the museum - most strikingly visible in talk about participation and within topics such as migration, inclusion and integration. Concepts like participation, inclusion and empowerment, which are linked to our democratic understanding of society, are revealed to now be dispositives of a society, that uses the form of the market as an organising principle. Through the accompanying emphasis on individual responsibility, technologies of power become intertwined with technologies of self-management. It also becomes clear, that it is precisely the interweaving of these concepts with basic democratic values, that makes it difficult to focus on the forces that produce inequalities in the first place by way of distracting attention from the very unjust social and societal conditions that are supposed to be eliminated.