Title
"Kunst am Land"
Subtitle (de)
Künstlerische Initiativen in ländlichen Räumen
Language
German
Description (de)
„Kunst“ und „Land“ sind zwei Begriffe, die auf den ersten Blick nicht unbedingt miteinander zu tun haben. Vielfältige Assoziationen tun sich auf, wenn man über Kunst am Land nachdenkt. Das beginnt mit möglicherweise klischeehaften Vorstellungen von traditionellem Kunsthandwerk, zum Beispiel Holzschnitzarbeiten vor einer alpinen Kulisse, oder Hinterglasmalerei in sakralen Dorfbauten, geht aber bis zu modernen Kunst-Skulpturen, die im ländlichen Raum platziert werden und dort mehr oder weniger verständnisvoll wahrgenommen werden. Welche Auffassungen gibt es von Kunst und welche Interaktionen werden durch Kunst möglich? Was sind überhaupt „ländliche Räume“ und wie unterscheiden sie sich von städtischen Räumen? Mit diesen Fragen setze ich mich in meiner Arbeit auseinander und betrachte im Speziellen einige Kunst-Projekte, die zeitgenössische Kunst und Künstler_innen in die ländlichen Regionen von Österreich bringen, um Denk- und Handlungs-Anstöße zu geben. Ich bin selbst in einer ländlichen Grenzregion im österreichischen Süd-Osten aufgewachsen. Die dörfliche Struktur meines Heimatortes gab einerseits heimatliche Sicherheit, aber dort wurde mir auch sehr bewusst, dass die lang gewachsenen dörflichen Strukturen auch eine starke Begrenzung darstellen, hinsichtlich dessen, was machbar und erwünscht ist und auch was verstanden wird. Im Zuge meines Studiums lebte ich einige Jahre in Wien und bekam Zugang zu unterschiedlichen kulturellen und künstlerischen Aktivitäten. Die Freiheit der Kunst im großstädtischen Umfeld steht in direkter Beziehung zu der urbanen Lebensart, wo viele Menschen unterschiedlichster Herkunft über lange Zeit hinweg gelernt haben, auf engstem Raum miteinander zu leben und auszukommen. Der Gegensatz zu meinem ländlich geprägten Herkunftsort machte mir bewusst, dass der Lebensraum und die Art des Zusammenlebens in diesem Raum zusammenhängen mit der Art und Weise, wie Kunst gemacht und aufgenommen/rezipiert wird. Die früher über lange Zeit eher abgeschiedene Lebensweise der ländlichen Bevölkerung wirkte sich auch auf den Umgang mit der Kunst aus. Allerdings bringen moderne Medien heute globale Informationen bis in die entlegensten Dörfer und globale Migration bewirkt, dass Menschen ihren angestammten Kulturraum verlassen und an anderen Orten mit anderer kultureller Prägung leben. Dazu kommt, dass moderne Medien zu klischeehafter sehr vereinfachender Darstellung neigen, einerseits von ländlicher Idylle, die so vielleicht gar nie existiert hat, andererseits eher negativ berichten von den Auswirkungen des demographischen Wandels. Insoferne interessiert mich die Frage, wie Kunst und Kunstprojekte am Land heute wirken und welche Funktion sie haben. Aufmerksam auf das Thema ‚Kunst am Land’ wurde ich durch die Publikation der Schweizer Kunstkritikerin Brita Polzer, die sich unter dem Titel ‚Kunst und Dorf’, mit Kunst abseits der urbanen Räume beschäftigt. Dabei stehen in der Publikation nicht im Atelier gefertigte Bilder oder Skulpturen im Fokus, sondern größtenteils Projekte von Künstler_innen, die sich auf partizipatorisch-prozessorientierte Projekte spezialisiert haben. Bei den Projekten rücken insbesondere die gesellschaftlichen Funktionen von Kunst in den Mittelpunkt. Das Ziel aller Projekte kann beschrieben werden als eine Einladung (und Chance) regionale Lebens- und Kulturräume als Orte der kulturellen Begegnung aktiv und bewusst mitzugestalten. Gerade diese partizipatorisch-prozessorientierten Kunst-Projekte sind es, die mich besonders interessieren, weil sie die Chance beinhalten, dass es zu einem für beide Seiten förderlichen Kontakt und Austausch kommt: Auf der einen Seite die Künstler_innen, die abseits gewohnter Pfade sich auf Neuland einlassen und auf der anderen Seite die Menschen am Land, die durch Kunst-Initiativen vor Ort die Gelegenheit erhalten, gewohnte Denk-, Sicht- und Handlungsmuster zu durchbrechen und zu hinterfragen. Ein wichtiger Aspekt von Kunst ist, dass sie Fragen stellt, die noch nicht gestellt wurden, vielleicht sogar Fragen, die bisher nicht gefragt werden durften! Diese Möglichkeit eröffnen Initiativen, die Kunstprojekte direkt in die ländlichen Räume bringen und solche Initiativen möchte ich in meiner Arbeit vorstellen. Im folgenden zweiten Kapitel erörtere ich die Frage, was man unter dem ländlichen Raum versteht und wie er sich gegenüber dem städtischen Raum abgrenzt. Hier zeigt sich, dass eine genaue Abgrenzung kaum möglich ist, aufgrund der heutigen Vielzahl an Siedlungsformen die städtische und ländliche Elemente beinhalten, wie zum Beispiel die Vororte von Großstädten im ländlichen Gebiet oder andererseits die städtisch anmutenden Wohnhausanlagen in ländlichen Gebieten. Das dritte Kapitel betrachtet den demographischen Wandel in Österreich. Dass sich die Zusammensetzung der Bevölkerung laufend ändert, ist eine Tatsache, die allerdings von Medien zum Teil einseitig und negativ dargestellt wird. Dieses Bild zu hinterfragen versuche ich in diesem Kapitel. Das vierte Kapitel widmet sich dem „Festival der Regionen“. Dieses Kunstprojekt bringt nationale und internationale Künstler_innen in ländliche Regionen Oberösterreichs und ermöglicht einen vielfältigen Austausch mit der örtlichen Bevölkerung auf künstlerischer, kreativer und gesellschaftlich-sozialer Ebene. Das fünfte Kapitel stellt das Kunstprojekt „Gottsbüren - The Produktion of Wellbeing“ vor, das in Deutschland angesiedelt ist, aber von Studenten der Kunstuniversität Linz betreut und durchgeführt wurde. Bei diesem Projekt im Jahr 2014 wurde versucht, der Abwanderung und dem Leerstand der Häuser im hessischen Dorf Gottsbüren entgegenzuwirken. Mit dem Projekt „Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich“, beschäftigt sich das sechste Kapitel. Dieses Projekt der niederösterreichischen Landesregierung gibt es schon seit über 30 Jahren, es gilt als einzigartig im österreichischen Raum und erntet auch international viel Lob und Anerkennung. Beigefügt ist dem Kapitel ein Interview mit dem Architekten Robert Hanel, der im Rahmen von „Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich“ das Projekt „Kunstraum Weikendorf“ durchgeführt hat. Im Zuge dieses Projekts wurde das ehemalige Zeughaus/Feuerwehrhaus in Weikendorf in einen Kunstraum umgebaut, wo halbjährlich Ausstellungen stattfinden können. Im abschließenden siebenten Kapitel stelle ich die Frage, welche allgemeingültigen Grundsätze für die Durchführung von Kunstprojekten am Land man aus den Berichten und Erfahrungen der vorgestellten Initiativen ableiten kann. Und resümiere welche Bedeutung Kunst in ländlichen Räumen haben kann, mit ihrer transformierenden Kraft neue Blickwinkel auf Gewohntes zu eröffnen.
Description (en)
„Kunst“ und „Land“ sind zwei Begriffe, die auf den ersten Blick nicht unbedingt miteinander zu tun haben. Vielfältige Assoziationen tun sich auf, wenn man über Kunst am Land nachdenkt. Das beginnt mit möglicherweise klischeehaften Vorstellungen von traditionellem Kunsthandwerk, zum Beispiel Holzschnitzarbeiten vor einer alpinen Kulisse, oder Hinterglasmalerei in sakralen Dorfbauten, geht aber bis zu modernen Kunst-Skulpturen, die im ländlichen Raum platziert werden und dort mehr oder weniger verständnisvoll wahrgenommen werden. Welche Auffassungen gibt es von Kunst und welche Interaktionen werden durch Kunst möglich? Was sind überhaupt „ländliche Räume“ und wie unterscheiden sie sich von städtischen Räumen? Mit diesen Fragen setze ich mich in meiner Arbeit auseinander und betrachte im Speziellen einige Kunst-Projekte, die zeitgenössische Kunst und Künstler_innen in die ländlichen Regionen von Österreich bringen, um Denk- und Handlungs-Anstöße zu geben. Ich bin selbst in einer ländlichen Grenzregion im österreichischen Süd-Osten aufgewachsen. Die dörfliche Struktur meines Heimatortes gab einerseits heimatliche Sicherheit, aber dort wurde mir auch sehr bewusst, dass die lang gewachsenen dörflichen Strukturen auch eine starke Begrenzung darstellen, hinsichtlich dessen, was machbar und erwünscht ist und auch was verstanden wird. Im Zuge meines Studiums lebte ich einige Jahre in Wien und bekam Zugang zu unterschiedlichen kulturellen und künstlerischen Aktivitäten. Die Freiheit der Kunst im großstädtischen Umfeld steht in direkter Beziehung zu der urbanen Lebensart, wo viele Menschen unterschiedlichster Herkunft über lange Zeit hinweg gelernt haben, auf engstem Raum miteinander zu leben und auszukommen. Der Gegensatz zu meinem ländlich geprägten Herkunftsort machte mir bewusst, dass der Lebensraum und die Art des Zusammenlebens in diesem Raum zusammenhängen mit der Art und Weise, wie Kunst gemacht und aufgenommen/rezipiert wird. Die früher über lange Zeit eher abgeschiedene Lebensweise der ländlichen Bevölkerung wirkte sich auch auf den Umgang mit der Kunst aus. Allerdings bringen moderne Medien heute globale Informationen bis in die entlegensten Dörfer und globale Migration bewirkt, dass Menschen ihren angestammten Kulturraum verlassen und an anderen Orten mit anderer kultureller Prägung leben. Dazu kommt, dass moderne Medien zu klischeehafter sehr vereinfachender Darstellung neigen, einerseits von ländlicher Idylle, die so vielleicht gar nie existiert hat, andererseits eher negativ berichten von den Auswirkungen des demographischen Wandels. Insoferne interessiert mich die Frage, wie Kunst und Kunstprojekte am Land heute wirken und welche Funktion sie haben. Aufmerksam auf das Thema ‚Kunst am Land’ wurde ich durch die Publikation der Schweizer Kunstkritikerin Brita Polzer, die sich unter dem Titel ‚Kunst und Dorf’, mit Kunst abseits der urbanen Räume beschäftigt. Dabei stehen in der Publikation nicht im Atelier gefertigte Bilder oder Skulpturen im Fokus, sondern größtenteils Projekte von Künstler_innen, die sich auf partizipatorisch-prozessorientierte Projekte spezialisiert haben. Bei den Projekten rücken insbesondere die gesellschaftlichen Funktionen von Kunst in den Mittelpunkt. Das Ziel aller Projekte kann beschrieben werden als eine Einladung (und Chance) regionale Lebens- und Kulturräume als Orte der kulturellen Begegnung aktiv und bewusst mitzugestalten. Gerade diese partizipatorisch-prozessorientierten Kunst-Projekte sind es, die mich besonders interessieren, weil sie die Chance beinhalten, dass es zu einem für beide Seiten förderlichen Kontakt und Austausch kommt: Auf der einen Seite die Künstler_innen, die abseits gewohnter Pfade sich auf Neuland einlassen und auf der anderen Seite die Menschen am Land, die durch Kunst-Initiativen vor Ort die Gelegenheit erhalten, gewohnte Denk-, Sicht- und Handlungsmuster zu durchbrechen und zu hinterfragen. Ein wichtiger Aspekt von Kunst ist, dass sie Fragen stellt, die noch nicht gestellt wurden, vielleicht sogar Fragen, die bisher nicht gefragt werden durften! Diese Möglichkeit eröffnen Initiativen, die Kunstprojekte direkt in die ländlichen Räume bringen und solche Initiativen möchte ich in meiner Arbeit vorstellen. Im folgenden zweiten Kapitel erörtere ich die Frage, was man unter dem ländlichen Raum versteht und wie er sich gegenüber dem städtischen Raum abgrenzt. Hier zeigt sich, dass eine genaue Abgrenzung kaum möglich ist, aufgrund der heutigen Vielzahl an Siedlungsformen die städtische und ländliche Elemente beinhalten, wie zum Beispiel die Vororte von Großstädten im ländlichen Gebiet oder andererseits die städtisch anmutenden Wohnhausanlagen in ländlichen Gebieten. Das dritte Kapitel betrachtet den demographischen Wandel in Österreich. Dass sich die Zusammensetzung der Bevölkerung laufend ändert, ist eine Tatsache, die allerdings von Medien zum Teil einseitig und negativ dargestellt wird. Dieses Bild zu hinterfragen versuche ich in diesem Kapitel. Das vierte Kapitel widmet sich dem „Festival der Regionen“. Dieses Kunstprojekt bringt nationale und internationale Künstler_innen in ländliche Regionen Oberösterreichs und ermöglicht einen vielfältigen Austausch mit der örtlichen Bevölkerung auf künstlerischer, kreativer und gesellschaftlich-sozialer Ebene. Das fünfte Kapitel stellt das Kunstprojekt „Gottsbüren - The Produktion of Wellbeing“ vor, das in Deutschland angesiedelt ist, aber von Studenten der Kunstuniversität Linz betreut und durchgeführt wurde. Bei diesem Projekt im Jahr 2014 wurde versucht, der Abwanderung und dem Leerstand der Häuser im hessischen Dorf Gottsbüren entgegenzuwirken. Mit dem Projekt „Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich“, beschäftigt sich das sechste Kapitel. Dieses Projekt der niederösterreichischen Landesregierung gibt es schon seit über 30 Jahren, es gilt als einzigartig im österreichischen Raum und erntet auch international viel Lob und Anerkennung. Beigefügt ist dem Kapitel ein Interview mit dem Architekten Robert Hanel, der im Rahmen von „Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich“ das Projekt „Kunstraum Weikendorf“ durchgeführt hat. Im Zuge dieses Projekts wurde das ehemalige Zeughaus/Feuerwehrhaus in Weikendorf in einen Kunstraum umgebaut, wo halbjährlich Ausstellungen stattfinden können. Im abschließenden siebenten Kapitel stelle ich die Frage, welche allgemeingültigen Grundsätze für die Durchführung von Kunstprojekten am Land man aus den Berichten und Erfahrungen der vorgestellten Initiativen ableiten kann. Und resümiere welche Bedeutung Kunst in ländlichen Räumen haben kann, mit ihrer transformierenden Kraft neue Blickwinkel auf Gewohntes zu eröffnen.
AC-Number
Adviser
Eva  Kernbauer
Author of the digital object
Judith  Grünauer
Size
10.8 MB
Licence Selected
All rights reserved
Type of publication
other
Date of approbation period
2021-04-30
additional allocation
Schriftlicher Teil der künstlerischen Abschlussarbeit
Pages or Volume
72
Citable links
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//phaidra.bibliothek.uni-ak.ac.at:8899/o:37333

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Details
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Object type
PDFDocument
Created
10.05.2021 07:32:29
Metadata
Oskar-Kokoschka-Platz 2 | A-1010 Wien | T +43 1 711 33 2274