Title
Autoimmunität und anthropologische Differenz
Alternative Title (en)
Autoimmunity and Anthropological Difference
Description (de)
Im Zentrum der Dissertation steht die Autoimmunität, als auf körpereigenes Gewebe gerichtete Aktivität des Immunsystems, und ihre Implikationen. Das Mysterium, das Autoimmunität innerhalb der Medizin darstellt, unter vielfältigen Perspektiven zu untersuchen und neu zu (er)fassen, ist Ziel dieser Arbeit. Die Vielfalt der Perspektiven ergibt sich aus der Zusammenführung unterschiedlicher Positionen der Philosophie, Medizin(geschichte), Literatur und Kulturwissenschaften, die hinsichtlich der Fragestellung nach der Bedeutung von Autoimmunität analysiert werden. Das forschende Vorgehen orientiert sich dabei an der biophilosophischen Methode Helmuth Plessners, die auf ein Sehen mit anderen Augen abzielt. Ausgangspunkt ist die eigene Erfahrung; es ist speziell der Schmerz, der das intendierte „sehende Verstehen“ ermöglicht. In Übereinstimmung mit den Plessnerschen Kriterien sind es die persönliche Betroffenheit (von einer Autoimmunerkrankung) und eine Grundhaltung der Offenheit, die diese Arbeit prägen.
Über die Frage nach der Relation von Autoimmunität zur gegenwärtigen Epoche kommen gängige Motive immunologischer und medialer Diskurse zum Thema ins Bild. Nach der Darstellung von SLE (systemischer Lupus erythematodes) als exemplarische Autoimmunkrankheit wird ein erster Fokus auf das Leben mit Lupus gesetzt und die Erfahrungen mit Autoimmunität auf den verschiedenen (individuellen, sozialen) Ebenen dokumentiert. Im Anschluss wird das Thema der anthropologischen Differenz als Frage nach dem Menschen vor dem Horizont des Tierischen diskutiert und den Implikationen der Verlagerung dieser Grenze ins Innere des Menschen nachgegangen. Mittels Plessners von der Grenzthematik ausgehender Theorie existenzieller Positionalität lässt sich Autoimmunität als krisenhafte Manifestation exzentrischer Positionalität entwerfen.
Unter Zusammenführung der freigelegten Theoriestränge werden abschließend poetische Interpretationen eines „Autoimmun-Werdens“ gemeinsam mit neuen Bildern der Autoimmunität zur Diskussion gestellt.
Description (en)
At the centre of this work is „autoimmunity“ – an activity of the immune system that is directed towards the body’s own tissue –, and its implications. The goal is to investigate the mystery autoimmunity poses within medicine under a multitude of perspectives. This multitude results from combining different positions of philosophy, medicine, literary and cultural studies, that are analyzed in regard to the meaning of autoimmunity. The research process is guided by Helmuth Plessner’s biophilosophical method that aims at seeing with different eyes. It originates from personal experience; it is especially the experience of pain that allows for the intended „seeing understanding“. In accordance with Plessner’s criteria the work is shaped by the personal involvement with an autoimmune disease and a basic attitude of openness.
By questioning the relation of autoimmunity to the recent epoch traditional motives of immunological discourses come to light. After presenting SLE as an exemplary autoimmune disease there is a first focus on living with lupus and the documentation of experiences with autoimmunity at various (individual, social) levels. This is followed by a discussion of the „anthropological difference“ as the question of humanity in the face of animality, and by pursuing the implications of a translocation of this border to the inside of man. By means of Plessner’s theory of existential positionality autoimmunity can be drafted as a critical manifestation of eccentric positionality.
Finally the revealed threads are joined and poetical interpretations of „becoming autoimmune“ along with new images of autoimmunity are put up for discussion.
Keywords (de)
Autoimmunität, philosophische Anthropologie, Medizingeschichte, Immunologie, Romantik, Lyrik, Autoethnografie, poetische Transkription, Tierphilosophie, Posthumanismus