Description (deu)
Die Thematik der vorliegenden Arbeit „Körper und Schrift im Film oder This is the Title of this Thesis“ ist eng mit der künstlerischen Praxis und dem Interesse der Autorin an „Schrift und Bild“, „Schrift und Malerei“, „Körper und Schrift“ verbunden. Wie aktuelle Ausstellungen, z.B. Un coup de dés, eine Schau der Generali Foundation aus dem Jahr 2008 in Wien oder Schriftfilme. Schrift als Bild in Bewegung, eine Ausstellung des Zentrums für Kunst und Medientechnologie (ZKM) aus dem Jahr 2013 in Karlsruhe zeigen, ist das Thema gegenwärtig von höchster Brisanz. Deshalb erschien es der Autorin naheliegend, „Schrift-Körper-Beziehungen“ im Experimentalfilm näher zu betrachten und weiter zu denken.
Wenn heute von Autorschaft die Rede ist, so denken wir an „Der Tod des Autors?“ von Roland Barthes (1968) und „Was ist ein Autor?“ von Michel Foucault (1969), in denen die Fetischisierung biografischer Informationen bei der Interpretation von Texten kritisiert wird. Ein Zurück zum Autor muss allerdings nicht zwingend bedeuten, dass man versucht, das Werk eines Künstlers ausschließlich autobiografisch (über dessen Leben) zu interpretieren. In Übereinstimmung mit Johanna Drucker (1994) kann man davon ausgehen, dass Kunst nie als Ausdruck eines abgeschlossenen Selbst zu sehen ist. Demgegenüber schlägt Drucker das Konzept der Subjektivität vor, dem die Idee zugrunde liegt, dass Wissen durch Repräsentation, die historisch und kulturell kodiert ist, vermittelt wird. In meiner Arbeit wird deshalb dem Begriff des „Subjekts“ der Vorzug gegenüber dem des „Selbst“ gegeben, womit in erster Linie das Subjekt der Aussage (Künstler/Künstlerin) gemeint ist.
Alle ausgewählten Filme der vorliegenden Arbeit lassen sich in die Kategorie so genannter „Schriftfilme“ einordnen. Schriftfilme zeichnen sich dadurch aus, dass die Schrift anstatt der (Film)bilder einen wichtigen Teil des Vorantreibens einer „Handlung“ im Film übernimmt beziehungsweise Filmbilder auch gänzlich ersetzt. Schrift kann nun Bilder evozieren, aber auch emotive, körperliche Empfindungen repräsentieren und übermitteln.
Eine Analyse von Schriftfilmen unter dem Aspekt der Subjektrepräsentation wirft folgende Fragen auf: Inwieweit und auf welche Art vermag es ein Künstler/innensubjekt (oder genauer: sein/ihr Körper), sich in die produzierte Arbeit einzuschreiben? Welche Rolle kann (ein) Schrift(bild) dabei spielen? Anders ausgedrückt: Welche Vermittlerrolle nimmt die Schrift in einer künstlerischen Arbeit ein und inwiefern lassen sich darin signatorische Prozesse erkennen?
Zur Ausarbeitung der Themenstellung dienen mir drei Experimentalfilmemacher/innen, deren Filme den Typus des Schriftfilms auf ideale Weise repräsentieren: Gently Down the Stream (1981) von Su Friedrich, So Is This (1982) von Michael Snow sowie Poetic Justice (1972) und Gloria! (1976), beide von Hollis Frampton.
Untersuchen möchte ich anhand dieser vier Filme, wie das Subjekt in seiner Repräsentation sowohl inhaltlich wie auch signatorisch (durch den Akt des Einschreibens) im Film im Trägermaterial sichtbar gemacht wird. Alle drei Künstler verfolgen eine andere Strategie, wenngleich es auch filmische Aspekte und Herangehensweisen gibt, die sich ähneln.
Su Friedrich schafft eine Art filmisches Traumtagebuch und ritzt mittels „Direct- Animation-Technik“ („Scratching“) direkt in die Emulsion des Filmmaterials. Die Wörter sind räumlich gesehen an unterschiedlichen Stellen im Filmbild angeordnet, und können oft überkritzelt oder auch durchgestrichen sein, was einen körperhaft anmutenden Eindruck beim „receiving subject“ oder dem Zuschauer/der Zuschauerin hinterlässt. Michael Snows Text in So Is This (1982) ist einer essayistisch-kritischen Tradition zuzuordnen. Die einzelnen abgefilmten Worte sind in Schreibmaschinenschrift ausgeführt und linear angeordnet, wodurch Emotives und Persönliches – zumindest auf typografischer Ebene – umgangen wird. Hollis Frampton setzt in Poetic Justice hingegen handgeschriebene abgefilmte Blockschrift ein, die durch ihre Handschriftlichkeit dem Körper nahe ist. Framptons Text rangiert daher auf einer Emotivitätsskala noch vor Michael Snows abgefilmter Schreibmaschinenschrift. Die metadiegetische Erzählstruktur und das Changieren zwischen den Pronomen „Ich“ und „Du“ bewirkt, dass der Erzähler schwer fassbar ist. Bei Gloria! greift Hollis Frampton wiederum auf Autobiografisches zurück, inhaltlich ist der Film eine Hommage an Framptons Großmutter; von der Textsorte her ähnelt er einem Traktat der Logik. An den Anfang der Filmarbeit stellt Frampton einen Early Cinema-Ausschnitt (Finneganˈs Wake) als Schriftform setzt er Computerschrift ein und kontrastiert emotionale Bezüge mit einer emotiv zurückhaltenden Schrifttypografie.
Autorschaftliche Gesten können über das Vehikel der Schriftinszenierung auf unterschiedliche Weise Subjektivität zum Ausdruck bringen. Entweder auf inhaltlicher Ebene durch das Herstellen autobiografischer Bezüge oder durch die Wahl der Schreibtechnik (handschriftliches Einritzen in den Filmstreifen, abgefilmte Schreibmaschinenschift, Blockschrift oder Computerschrift), wodurch, je nach Körpernähe der gewählten Schrift, unterschiedliche emotive Intensitäten erzielt werden. Dieser Einschreibeakt wird dann vom „receiving subject“ wiederum als Signifikant für körperliche Expressivität wahrgenommen.